Mit einer weltweiten Produktionsmenge von 17 Mio. Tonnen pro Jahr ist Essigsäure eine bedeutende Chemikalie. Sie wird vorwiegend zur Herstellung von Klebstoffen, Farben und Lacken, Kunststoffen und Nahrungsmitteln genutzt. Um diese wichtige Chemikalie herzustellen gibt es viele Möglichkeiten, zwei davon stellen wir dir genauer vor.
Das aktuell gängigste Verfahren zur Herstellung von Essigsäure ist der sogenannte Monsanto-Prozess, der in den 60er-Jahren entwickelt wurde. Beim Monsanto-Prozess wird Methanol an einem Rhodium-Katalysator mit Kohlenstoffmonoxid-Gas zu Essigsäure umgesetzt. Die folgende Abbildung zeigt die Reaktionsgleichung des Monsanto-Prozesses:
CH3OH + CO ➝ CH3COOH
Der Prozess findet bei einer Temperatur 150-200°C und einem Druck von 30-60 bar statt. Das klingt vielleicht viel, im Vergleich zu anderen chemischen Verfahren sind das jedoch relativ milde Bedingungen (vgl. Aluminium-Herstellung). Katalytische Reaktionen, hohe Ausbeuten und reine Produkte bei milden Bedingungen – wozu braucht es dann noch andere Verfahren? Mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte hat der Monsanto-Prozess drei Nachteile:
1. Die Edukte Methanol und Kohlenstoffmonoxid-Gas werden aus fossilen Rohstoffen gewonnen. Das Kohlenstoffmonoxid-Gas wird über sogenanntes Steam-Reforming aus Erdgas (hauptsächlich Methan-Gas) gewonnen und anschließend teilweise zu Methanol weiterverarbeitet. Bei diesem Schritt gelangt eine beachtliche Menge Kohlenstoffdioxid-Gas in die Umwelt, sodass dieser Prozess einen sehr hohen CO2-Fußabdruck hat.
2. Um die Aktivität des Katalysators optimal zu halten und die Bildung von unerwünschten inaktiven Formen zu vermeiden, muss die Reaktion mit einem Überschuss an Wasser stattfinden, das bedeutet, dass viel Wasser eingesetzt wird.
3. Als Katalysator wird ein Rhodiumkomplex eingesetzt. Rhodium ist ein sehr seltenes Edelmetall, dass nicht direkt in der Natur gefördert werden kann. Es wird als Nebenprodukt beim Abbau von Nickel und Platin vor allem in Südafrika und Russland gewonnen und daher nur in sehr geringen Mengen abgebaut.
Mittlerweile gibt es bereits neuere Wege, um Essigsäure nachhaltiger herzustellen – wobei, so neu sind sie ja eigentlich nicht. Bereits die alten Ägypter:innen konnten aus Holz sogenannten Holzessig herstellen, um ihre Toten einzubalsamieren. Diese Methode wurde bei den Lignocellulose-Bioraffinerien aufgegriffen und weiterentwickelt, sodass immer mehr Unternehmen aus dem nicht-Nahrungsbereich auf Essigsäure aus Holz zurückgreifen. Essigsäure kann sowohl aus der Hemicellulose– als auch aus der Cellulose-Komponente von Holz gewonnen werden. In Hemicellulosen sind von Grund auf Acetylgruppen vorhanden, welche durch Hydrolyse und eine Flüssig-Flüssig-Extraktion von den übrigen Bestandteilen abgetrennt werden können. Cellulose-Moleküle können in einzelne Glucose-Moleküle zerlegt werden – dies passiert in einer wässrigen Schwefelsäure-Lösung. Die Glucose-Moleküle können in einem Fermentor unter anaeroben Bedingungen zuerst zu Ethanol-Molekülen und dann zu Essigsäure-Molekülen reagieren.
Übrigens: Wusstest du, dass sogar die Verpackung für einen Essigsäure-Reiniger aus Holz hergestellt werden kann? Eine wichtige Plattformchemikalie, die in der Lignocellulose-Bioraffinerie anfällt, ist Milchsäure. Daraus kann der biogene Kunststoff PLA (Polymilchsäure) hergestellt werden. Wenn du mehr über biogene Kunststoffe und Polymilchsäure wissen möchtest, klicke hier.
Gestaltung der Station: Alexandra Tepla, MEd BSc und Mag.a Martina Zodl
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