Heroin ist vor allem für den „Kick“ bekannt, der durch eine plötzlich stark erhöhte Konzentration im Gehirn hervorgerufen wird. Doch warum passiert das nicht bei dem ursprünglichen Morphin. Dazu sollten wir einen kleinen Blick auf die Struktur der beiden Substanzen werfen.
Betrachten wir zuerst Morphin. Wie wir sehen, handelt es sich dabei schon um ein größeres Molekül, doch dies braucht dich nicht abzuschrecken. Für die Wirkungsweise spielen nämlich nur wenige funktionelle Gruppen eine wesentliche Rolle. Mit diesen bindet Morphin nämlich an den Morphinrezeptor im Gehirn. Zum einen haben wir ein sogenanntes tertiäres Amin, also ein Stickstoffatom, welches an drei Kohlenstoffatome gebunden ist. Dieses Amin wirkt basisch und kann so eine Verbindung mit einer Säuregruppe des Rezeptors eingehen. Desweiteren sehen wir zwei Hydroxygruppen, welche blau umrandet sind. Die eine ist an ein Benzen gebunden, weshalb wir hier wieder ein Phenol haben. Mit dieser Hydroxygruppe kann das Morphin eine Wasserstoffbrückenbindung mit dem Rezeptor eingehen.
Gerade diese beiden Hydroxygruppen sorgen jedoch auch dafür, dass Morphin Wasserstoffbrücken mit Wasser eingehen kann. Dadurch wird Morphin eher wasser- und weniger fettlöslich. Fachlich ausgedrückt ist es also nicht lipophil (lipo bedeutet Fett, phil bedeutet „liebend“, also fettliebend). Nun bestehen jedoch unsere Zellwände aus sogenannten Lipiden. Wie der Name schon vermuten lässt, besitzen diese lange, lipophile Kohlenstoffketten. Um zu dem Rezeptor in unserem Gehirn zu gelangen, müsste Morphin nun diese Zellwände passieren, weshalb es eher im wässrigen Blut gelöst bleibt. Dadurch gelangt immer nur eine geringe Konzentration an Morphin in unser Gehirn.
Anders sieht es mit Heroin (Diacetylmorphin) aus. Wie wir sehen wurden die beiden Hydroxygruppen acetylisiert. In dieser Form kann Heroin keine Wasserstoffbrücken mit Wasser eingehen. Dies führt dazu, dass es um ein vielfaches lipophiler als Morphin ist. Gelangt es also zu den lipophilen Zellwänden des Gehirns, so kann es diese ungehindert durchdringen und gelangt so in hohen Konzentrationen zu den Rezeptoren in unserem Gehirn.
Im Gehirn angekommen, wird es von unserem Körper wieder zu Morphin umgewandelt und kann in dieser Form nun an die Rezeptoren andocken. Unser Körper ist jedoch nicht daran gewöhnt, dass in kurzer Zeit eine so hohe Konzentration an Morphin im Gehirn vorhanden ist und es kommt zu dem oben genannten „Kick“.
Die Struktur eines Moleküls kann einem, wie man sieht, viel über die Wirkung einer Substanz verraten. Hier findest du noch ein Beispiel, in dem wir die Wirkungsweise des Malariamittels Chinin analysieren.